Dienstag,
13. Mai 2008
Sonne-Wolkenmix bei 20 Grad
Sonne-Wolkenmix bei 20 Grad
3.
Etappe: Schleswig-Lottorf-Owschlag-Alt Duvenstedt-Rendsburg
Tagesstrecke: 33 km
Gesamtstrecke: 74 km
Wanderweg: E1/ Regionale Wege
Gesamtstrecke: 74 km
Wanderweg: E1/ Regionale Wege
Morgens
ging es die knapp zwei Kilometer mit dem Bus zum Bahnhof, denn Tanjas Zug ging
um 8.38 Uhr. Auf dem sehr verlassenen Bahnsteig verabschiedeten wir uns,
nachdem der Zug eingefahren war.
Ab
jetzt war ich also alleine auf meinem Weg durch Deutschland beziehungsweise
erst mal durch Schleswig-Holstein. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass
ich begleitet wurde.
Auf
dem Weg zum E1, der an der südlichen Seite der Bucht liegt, kaufte ich mir noch
bei einem Bäcker Marschverpflegung, um dann auf
Haithabu zuzulaufen. Haithabu, aus heiðr = Heide,
und býr = Hof; dänisch Hedeby, war eine bedeutende
Siedlung dänischer Wickinger. Der Ort gilt als erste mittelalterliche Stadt in Nordeuropa und
war ein wichtiger Handelsort und Hauptumschlagsplatz für den Handel zwischen Skandinavien,
Westeuropa, dem Nordseeraum und dem Baltikum.
Der E1 führt direkt über den Busparkplatz zu einem hohen Wall, der seinerzeit um
Haithabu angelegt wurde.
In der Ferne sah ich schon eine Brücke, die ich überqueren
musste. Es dauerte noch einige Zeit; erst musste ich noch durch eine
Schilflandschaft, bevor ich vor ihr stand. Zu meiner Überraschung stand die
Brücke im Wasser, was ja erst mal nichts Außergewöhnliches ist. Nur bevor ich
die Brücke überhaupt betreten konnte, musste ich zwei Meter durch das Wasser
laufen, was auf der anderen Seite nicht anders war. Wohl bisschen kurz geraten,
dachte ich noch.
Östlich
des Sees, Selke Noor, kam ich auf eine Art Freizeitgelände. Und wie ich noch
darüber nachdachte, was hier wohl im Sommer los ein mochte, schoss es mir wie
ein Blitz durch den Kopf: Selke Noor, die Freizeitstätte, die jedes Jahr von
einem Sportverein aus meiner Heimat angefahren wird, um Jugendlichen eine Woche
Urlaub im Zelt zu ermöglichen. In drei Monaten sollte auch mein Sohn mit seinem
Freund hier sein. Bevor ich weiter wanderte, hielt ich kurz inne, guckte mir
die Stätte genauer an mit der Erkenntnis, dass es ihm hier bestimmt gut
gefallen würde.
Obwohl
ich schon über zwei Stunden unterwegs war, konnte ich in der Ferne immer noch den St.-Petri-Dom
von Schleswig sehen, der Luftlinie über vier Kilometer entfernt ist. An der
Wassermühle Selk ging es direkt über den Hof durch eine schwere Holztür, hinter
der sich dann ein Angelsee befindet. Einige Petrijünger versuchten ihr Glück.
Durch leicht welliges Gelände ging es auf schmalen Straßen zur Autobahn A7
Richtung Lottdorf. Als ich auf der Brücke über die A7 stand, schaute ich lange
den unter mir vorbei rasenden Autos nach. Wenn sie dieser Autobahn bis nach
Bayern folgen würden, könnten die Insassen in gut neun Stunden da sein. Ich
hingegen bräuchte nach meinen Berechnungen noch neun Jahre! Hier kam mir das
erste Mal in den Sinn, über meinen Weg zu schreiben. Auch Buchtitel wurden
schon überlegt. „Ich und die A7“!! Keine 500 Meter weiter kam das Dorf Lottorf.
Und keine 200 Meter hinter Lottorf kam die Bahnlinie Rendsburg-Schleswig. Das
arme Dorf war eingekesselt von Autobahn und Zuglinie. Erschwerend kam hinzu,
dass zwei Kilometer Nord-Westlich ein Militärflugplatz liegt. So hörte ich
immerzu die Autobahn und abwechselnd einen Zug oder ein Flugzeug. Lottorf hat
noch eine Besonderheit. Hier habe ich den E1 verlassen, der nun Richtung Osten
ging. Für mich ging es nun auf regionalen Wegen weiter.
Zwischen
Lottorf und Owschlag, immer auf asphaltierten Straßen, bekam ich eine neue
Wanderbegleitung! Nicht leibhaftig, sondern im Kopf. Es sollte meine „Noch Frau“
sein. Die Scheidung stand im Sommer an, und ich machte mir viele Gedanken über
das Verfahren, die Kinder und das noch gemeinsame Haus. Ich schaffte es nicht, auf andere Gedanken zu kommen. Das Thema war
im Kopf und nicht mehr wegzubekommen. Im Grunde hätte ich mir das sparen
können, denn das Verfahren haben wir gut über die Bühne bekommen.
Ich
hatte die Nase voll von Teerstraßen und versuchte, ab Owschlag Feldwege
Richtung Alt Duvenstedt und Rendsburg zu gehen. Das ging auch gleich mal in die
Hose und so umkreiste ich einen kleinen Wald, um festzustellen, dass ich nach
gut 30 Minuten und zwei Kilometern am Ausgangspunkt stand. Mir ist es dann doch
gut gelungen, durch Moore, Heideflächen und Brachland in Alt Duvenstedt
anzukommen. Ich war nun 25 Kilometer unterwegs. Die Füße taten mir weh, der
Rucksack wurde immer schwerer. Noch gute acht Kilometer, was umgerechnet über
zwei Stunden bedeutete. Mich beschlich das Gefühl, Blasen zu bekommen beziehungsweise schon zu haben. Ich traute mich nicht, zu
gucken, weil ich Angst hatte, die Schuhe dann gar nicht mehr an zu bekommen.
Bis Rendsburg musste ich durchhalten. Notfalls könnte ich ab dort mit dem Zug
nach Hause.
Ich
hatte dann die Stadtgrenze von Rendsburg erreicht und war erleichtert, gleich
am Ziel, dem Hotel, zu sein. Es war mir da noch nicht klar, dass es noch ganze
vier Kilometer, lange zähe, quälend lange Kilometer, waren. Die Füße waren nun
endgültig rund. Es ging quer durch die Stadt. Alles war mir zu viel. Rucksack,
Verkehr, Ampeln, Wegweiser. Es war nun schon 18 Uhr, als
ich durch ein Wohngebiet lief, das im Herzen der Eisenbahnschleife, die zur
Hochbrücke über den Nord-Ostsee Kanal führt, gekommen bin. Das Hotel war
dann auch rasch gefunden. Erst mal zwei Bier. Als ich dann mein Zimmer angucken
wollte, kam ich kaum hoch. Das Zimmer war im guten 80er Stil eingerichtet.
Nun
kam der entscheidende Augenblick, die Füße aus den Schuhen zu bekommen. Ich
traute meinen Augen nicht und tastete an den geschundenen Gliedmaßen-nichts! Keine
Blasen. Das kann nicht sein. Nochmals untersuchte ich meine Füße und
tatsächlich: außer völlig erschöpften Füßen keine Blessuren. Sofort dachte ich
an die „Outdoorschuhfachverkäuferin“ aus Hamburg. Mein kleines Stoßgebet galt
ihr. Leider musste ich zum Essen die Schuhe abermals anziehen.
Das wird sich
auch noch ändern. In den nächsten Jahren habe ich immer auch einen Satz
Klamotten für „gut“ mit.
Ich
haben dann der Jahreszeit angepasst angebratenen Spargel mit Bandnudeln in Bärlauchpesto gegessen. Satt und zwei Bier später dachte ich über den Tag nach, mir fiel auf, dass ich
nur mit mir selbst und der Hotelbedienung gesprochen hatte. Daran musste ich mich
auch erst mal gewöhnen.
Die Brücke bei Selke Noor schien mir ein wenig zu kurz geraten. Sobald der Wasserstand ein wenig höher wurde, musste man zwei Meter durch das Wasser, um zu ihr zu gelangen!